Marija Krupoves: „Ich höre die Stimmen dieses Landes.“

Konzert im Schloss Freudenberg in Wiesbaden am 17. September 2002.

krupov

Dr. Marija Krupoves, ihrer wissenschaftlichen Laufbahn nach Slawistin und Ethnologin, ist am Institut für Staatenlose Kulturen Litauens der Universität ihrer Heimatstadt Wilna (lit. Vilnius, poln. Wilno, jidd. Wilne) tätig. Sie wuchs im polnisch-weißrussischen Siedlungsgebiet des heutigen Litauens auf.

Angeregt durch ihre Herkunft und ihre wissenschaftliche Beschäftigung mit verschiedenen Kulturen begann sie, traditionelle Lieder in den Sprachen ihrer Heimat zu sammeln und zu singen, die sie auf der akustischen Gitarre begleitet. Das Repertoire umfasst u.a. litauische, polnische, weißrussische und jiddische Lieder sowie Lieder der Roma. Diese Musik erzählt von den Traditionen und Kulturen des alten polnisch-litauischen Vielvölkerstaates. Hier lebten der lateinische Katholizismus der Litauer und Polen, die Orthodoxie der Weißrussen und das Judentum lange Zeit friedlich zusammen.

Jüdische Lieder hat Marija Krupoves – außer in Jiddisch auch in Hebräisch und Ladino – auf verschiedenen internationalen Festivals, u.a. auf dem European Festival of Jewish Music in Leverkusen (1993); dem Yiddish Summit in Strasburg (2000), dem First World Congress of Litvakes in Wilna (2001) sowie in jüdischen Gemeinden und Synagogen aufgeführt.

Im April 2001 präsentierte sie zusammen mit dem weltberühmten Wilnaer St. Christopher-Kammerorchester auf der UNESCO Konferenz „Dialog der Zivilisationen“ ihr zehnsprachiges multinationales Programm. In den letzten 10 Jahren ist Marija Krupoves mehrmals in Europa und Amerika vor litauischem, polnischem, jüdischem und deutschem Publikum aufgetreten. Ihr multikulturelles Repertoire wird durch zahlreiche Veröffentlichungen auf CD's und Musikkassetten repräsentiert, u.a. einer Anthologie polnischer Volkslieder.

„Ich höre die Stimmen dieses Landes“

„[…] Ich wurde in Wilna geboren, aber die Kindheit verbrachte ich in Pupiszki, einem winzigen Dorf am Rande des Rudnicka-Waldes, am Ufer des sich durch Felder und Wiesen schlängelnden Flusses Soloza. Im Duft der Blumen, dem Gesang der Vögel und dem Rauschen der Wälder waren meine heimatlichen Dialekte eingeflochten: das Polnische des Ostens und das Weißrussische, und in meiner Seele spielten die Lieder unserer Leute. Die Vorfahren meiner polnischsprachigen Familie sprachen auch Litauisch, weil unsere ethnisch litauisch und weißrussische Gegend sich nach der Union Litauens mit Polens zu polonisieren begann und Anfang des 20. Jahrhunderts die Umgebung der alten litauischen Hauptstadt Polnisch und Weißrussisch sprach und sang, obwohl das Wilnaer Umland vor dem letzten Krieg von Tataren, Karaimen, altgläubigen Russen und Juden bewohnt war. Sie stellten den Rest eines mächtigen multinationalen Staates dar, des Großfürstentums Litauen. Bevor ich von all dem erfuhr, schien mir dieser Landstrich von Gott vergessen worden zu sein, verlassen und in alten Zeiten schlummernd, ja sogar sich selber schon vergessend […]“.

In Zusamenarbeit mit der Gesellschaft für Natur und Kunst – Schloss Freudenberg e.V.

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