Die Traditionen der universitären Polonistik bzw. Slavistik in Deutschland reichen bis in das 19. Jh. zurück, wo sie zunächst im Rahmen der Indogermanistik betrieben wurde. Die Gründung der ersten slavistischen Lehrstühle in Berlin und Breslau hatte einen konkreten politischen Hintergrund; diese sollten vorrangig der Pflege der polnischen Sprache und Literatur für die Polen dienen, die durch die Teilungen nunmehr preußisch-deutsche Landeskinder polnischer Abstammung geworden waren. Bis zum zweiten Weltkrieg blieb die Slavistik und mit ihr die Polonistik eine Kathederwissenschaft, deren wenige Hörer vor allem Polen waren. Während des Nationalsozialismus wurde die institutionalisierte Slavistik und Polonistik zur Begründung und Rechtfertigung des deutschen Herrschaftsanspruches in Osteuropa missbraucht. Nach dem zweiten Weltkrieg erhielt sie infolge des veränderten internationalen Kräfteverhältnisses insgesamt einen neuen Stellenwert und in beiden deutschen Staaten weitete sich entsprechend den jeweiligen politischen Rahmenbedingungen die slavistisch-polonistische Forschung aus.
Die deutsche Wiedervereinigung im Jahre 1990 und die deutsch-polnischen Verträge leiteten einerseits einen neuen Abschnitt für die Stellung der Polonistik in Deutschland als der Philologie des Nachbarlandes ein. Dem steht andererseits, trotz gegenwärtig deutlich steigenden Interesses an Polen und Polnisch, ein allgemeiner Abbau slavistischer und polonistischer Kapazitäten an den deutschen Universitäten gegenüber.
Prof. Dr. Erika Worbs seit 1993 Professorin für Polnische Sprache und Kultur an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Studium der Russistik und Polonistik in Berlin, Posen und Warschau. Langjährige Tätigkeit am Lehrstuhl für Polonistik der Humboldt-Universität zu Berlin. Arbeitsschwerpunkte: Lexikologie, Phraseologie, Lexikographie, deutsch-polnische Beziehungen.
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